Wenn Tag der Sachsen ist, darf Die PARTEI nicht fehlen. Das alljährliche Volksfest im freiesten aller Freistaaten wartet mit bis zu 150.000 Einheimischen auf – allesamt potentielle PARTEI-Wählerschaft! Dieses Jahr hat es die Stadt Aue getroffen. Eine verschlafene Bergstadt im verstrahlten Erzgebirge, die sich über genau zwei Dinge definiert: Bergbau und Fußball. Das sind alles keine guten Gründe, doch wir sind trotzdem hingefahren, haben einen Stollen-Stand gebaut, Fingerfood und Kumpeltod verteilt und vor allem: jede Menge Nazis getroffen. Sachsen eben. Wie wir dennoch überlebt haben, das war wie folgt.
Das Motto vom Tag der Sachsen 2023 umschreibt die Gefühlslage treffend.
Donnerstag, oder: Abschied von den Liebsten
Schon das Walross Nietzsche wusste „Wenn du lange in den Schacht blickst, blickt der Schacht auch in dich hinein“. Darum trifft sich die PARTEI-Vorhut am Donnerstag nicht in Aue, sondern im unweit davon gelegenen Wüstenbrand. Der autofahrende Genosse S., der die kommenden Tage keine Zeit haben würde, erfreut sich an immer neuen Witzen über unsere ausbleibende Wiederkehr. Er empfiehlt uns Proviant, dass auch ohne Zähne essbar ist, und googelt schonmal nach Zahnkliniken in Aue. Wir hingegen kaufen vorsorglich eine Machete. Als Abschreckung gegen sächsische Faschos dieser Tage sicherlich eine gute Investition.
Freitag, oder: In Aue einen Stolln treiben
Wir verlassen Wüstenbrand in Allerherrgottsfrüh und rauschen im vollbesetzten und voll überladenen Auto nach Aue. Bis 13 Uhr muss der Stand stehen. Unser Stand ist auf der maximal abgelegenen „Parteienmeile“ untergebracht – dessen Titel allerdings treffender „Antidemokratiemeile“ heißen müsste. Unsere Nachbarn: AfD, DSU, Freie Sachsen. Die anderen Parteien – SPD, Grüne, CDU, Linke – haben sich auf der Landtagsmeile breit gemacht und uns mit dem Parteimüll alleingelassen. Lediglich die FDP ist noch bei uns vertreten, und scheiße, bei der Gesellschaft werden sogar die scheiß Liberalen zu Verbündeten.
Der Stolln allerdings steht schnell, das Strahlenquellen-Suchbild ist aufgebaut, Fingerfood und Sticker sind platziert. Natürlich kommen wir nicht umhin, die berühmt-berüchtigten „Ein Volk zieht’s durch“-Aufkleber auszulegen. Es dauert keine drei Stunden und die berühmt-berüchtigte sächsische Polizei sammelt die Sticker ein. Begründung: „Sicherstellung“ zur „Gefahrenabwehr“ weil „Verdacht auf 86a“. Unser Justiziar reibt sich schon die Hände…
Wenigstens läuft das Unglücksrad. Die Leute schreiten durch den Stollen, um an der anderen Seite die Krankheit zu erdrehen, die sie aus dem Bergwerk mitgebracht haben. Hauptgewinn: Kumpeltod, also Bergarbeiterschnaps. Die Menschen in Aue sind erwartbar trinkfest und freuen sich, wie alle, wenn es was gratis gibt. Sogar, wenn es sich um eine Quarzstaublunge handelt.
Unterdessen verteilen die Rechten fröhlich ihre Propaganda. Am beliebtesten sind die Sachsen-Fähnchen der Freien Sachsen. Wohl halb aus rechter Überzeugung und halb aus Dummheit, also in Summe: aus Dummheit, greifen die Leute fleißig zu am Stand der Hirnfreien. Wir tauschen die Fähnchen an unserem Stand gegen Schnaps und Kekse. Oder überkleben sie unauffällig.
Der Tag endet mit einem fetten Regenguss. Die FDP zieht sich zurück, und wir uns ihren Pavillon an unseren Stand. Sind die Neoliberalen doch noch zu etwas gut. Wir singen mit voller Inbrunst und nachgerade schief das PARTEI-Steigerlied, um die letzten, regenfesten Auenser auf unsere Seite zu ziehen. Mit Einbruch der Dunkelheit ziehen wir uns in unsere Loggia (liebevoll „Crackhöhle“ genannt) zurück um inkognito das Volk beim Festen zu beobachten. Einheimische Genossen haben erklärt, dass der Rummel sehr beliebt sei bei den Autochthonen – denn dort würden die Prügeleien schon eine Stunde eher als anderswo losgehen. Herrliches Aue!
Bericht Teil 2 folgt in Kürze.